Zuletzt aktualisiert am 26. Februar 2018
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Denjenigen von euch, die neben einem imposanten Plattenschrank auch Wert auf einen gut sortierten Bücherschrank mit dem ein oder anderen DJ-Buch legen, können wir die Anschaffung der folgenden Werke empfehlen. Zur Auswahl stehen fünf Exemplare rund um die kulturelle Einordnung des DJ-Phänomens … grob gesagt. Da die inhaltlichen Schwerpunkte verschieden sind, machen wir daraus keine Rangliste. Wir hoffen aber, euch mit dieser kurzen Vorstellungsrunde einen Überblick über die besten Bücher über DJ-Kultur zu geben und euch damit bei der Entscheidung behilflich zu sein. Einen eigenen Artikel über DJ-Ratgeber gibt’s demnächst.
Der große Überblick: ein DJ-Buch für jeden Geschmack
DJ Culture. Diskjockeys und Popkultur
Im Jahr 1995 promovierte der Autor Ulf Poschardt im Fach Philosophie zum Thema DJ Culture. Aus seiner Doktorarbeit, die inhaltlich aktualisiert und mit einem Nachwort von Westbam versehen wurde, ist 2015 dieses ausführliche DJ-Sachbuch entstanden. Darin gibt er einen Überblick über relevante Personen, Ereignisse und Theorien innerhalb der DJ-Kultur vom Ursprung des DJ-Phänomens bis zur heutigen Zeit. Im Mittelpunkt steht laut Poschardt der “Übergang des DJs vom Plattenaufleger zum Musiker”.
Von der ersten im US-amerikanischen Rundfunk aufgelegten Schallplatte im Jahr 1906 über die ersten kreativen Disco-Mixes in New Yorker Underground-Clubs Ende der 60er Jahre bis zum Stammbaum des Techno und zum DJ-Hype in der heutigen Zeit liefert der Autor die Geschichte der DJs bis ins Detail.
Entlang historischer Persönlichkeiten, die die Bedeutung des DJs immer wieder neu definierten, beginnend beim ersten Star-DJ beim Radio in den 30er Jahren und mit Blick auf den Einfluss der DJs auf die Entstehung und Verbreitung von Musikgenres findet man in diesem DJ-Buch unheimlich viel Wissenswertes. Vor dem Hintergrund einer wissenschaftlichen Arbeit ist der Schreibstil unterhaltsam und verständlich. Referenzen auf Musikhistoriker, Wissenschaftler und Szeneinsider zeigen interessante Blickwinkel auf die jeweiligen Themen. Die Evolution der Rolle des DJs wird in Zusammenhang mit Politik, Gesellschaft, Zeitgeist und Kunst dargestellt. Dabei ist die Wechselwirkung zwischen Underground und Mainstream wiederkehrendes Thema. Im dritten Kapitel liefert Poschardt schließlich den “Versuch einer Theorie”, die sich, aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet – der Idee des Fortschritts widmet.
Fun Fact: Für die Gestaltung des Umschlags ist das Londoner Tomato Studio verantwortlich, welches als multidisziplinäres Kollektiv u. a. von den beiden Musikern der Gruppe Underworld gegründet wurde.
Ulf Poschardt ist Journalist und promovierter Philosoph, Chefredakteur von Welt, Welt am Sonntag und N24, ehemaliger Chef des SZ-Magazins und von Vanity Fair. Westbam, kurz für Westfalia Bambaataa, aka. Maximilian Lenz, geb. 1965 in Münster, ist laut Klappentext der bedeutendste deutsche DJ.
Bei uns im Blog findet ihr auch eine ausführliche Rezension zu “DJ Culture. Diskjockeys und Popkultur”.
DJ Culture. Diskjockeys und Popkultur, Ulf Poschardt, 559 Seiten, Klett-Cotta Verlag, Preis: 26,95 €
Mehr als laut. DJs erzählen
Mit seinem Bestseller “Verschwende deine Jugend” ging Jürgen Teipel bereits der Punkszene auf den Grund, indem er beteiligte Musiker selbst zu Wort kommen ließ. Auch für den Doku-DJ-Roman “Mehr als laut” nutzt er diese Form und fügt Interview-Ausschnitte von bekannten DJs zu einer unterhaltsamen Lektüre über die Clubwelt zusammen.
Etwa zwanzig DJs, darunter Acid Maria, Miss Kittin, Michael Mayer, DJ Hell und DJ Koze, erzählen von persönlichen Momenten und den Schlüsselerlebnissen ihres DJ-Daseins. Die Auszüge sind thematisch in 14 Kapiteln zusammengefasst, z. B. “Musik ist für alles gut. – Gemeinschaftliches Erleben”. Die Erzählungen führen den Leser bis in die Technokeller verschiedener deutscher Kleinstädte, nicht nur die Berliner Szene interessiert. Von den erstrebenswerten Seiten des DJ-Lebens wird in diesem Buch ebenso berichtet wie von dessen Schattenseiten.
Private Gedanken werden ausgesprochen. Sie handeln unter anderem von DJ-Anfängen, Abenteuern, Geschlechterrollen, Sexismus, Beziehungsproblemen, dem ständigen Reisen und entwickeln in ihrer Zusammenstellung eine interessante erzählerische Dynamik. Der Sprung zwischen den Sprechern und deren unterschiedlichen Blickwinkeln ergibt einen guten Gesamteindruck von der Welt des Auflegens.
Teipels Aussage im Vorwort: “… gerade durch den fehlenden Anspruch, die Geschichte einer Generation erzählen zu wollen, ist, zumindest im Ansatz und wie nebenbei, genau so etwas entstanden …“
Jürgen Teipel, geboren 1961, kam 1980 durch die Herausgabe einer Punk-Zeitschrift zum Schreiben. Danach organisierte er Konzerte und Ausstellungen, war DJ und schrieb u. a. für Frankfurter Rundschau, Spiegel und Zeit.
Eine ausführliche Rezension zu “Mehr als laut. DJs erzählen” findet ihr ebenfalls bei uns im Blog.
Mehr als laut. DJs erzählen, Jürgen Teipel, 235 Seiten, Suhrkamp Verlag, Preis: 14,99 €
Der Klang der Familie. Berlin, Techno und die Wende
Das Buch von Felix Denk und Sven von Thülen erkundet die Entwicklung der Berliner Technoszene – von ihrer spannenden Entstehungszeit bis zur späteren Kommerzialisierung – im Zusammenhang mit den historischen und kulturellen Voraussetzungen beginnend in den Jahren vor dem Mauerfall bis Mitte der 90er Jahre. In Form einer Interview-Montage beteiligter Personen entspricht das DJ-Buch strukturell den Doku-Romanen von Jürgen Teipel.
Etwa siebzig Musiker, DJs, Clubbetreiber und Raver der ersten Stunde beschreiben die Möglichkeiten, die Berlin nach der Wende plötzlich bot und die Stimmung, die in der Stadt herrschte. Die Generation, die an der Entwicklung der Technoszene beteiligt war, macht deutlich, unter welchen Bedingungen die Jugendkultur sich entfalten konnte. Tresor-Mitbegründer Dimitri Hegemann, Loveparade-Erfinder Dr. Motte, Loveparade-Organisatorin Kati Schwind, natürlich auch Westbam, Wolle XDP, Terrible, Mark Reeder, Cosmic Baby, um einige zu nennen, liefern ihre persönlichen Eindrücke um die Entstehungsgeschichte der legendären Berliner Clubs und der Jugendkultur.
Das Buch ist nicht nur eine Dokumentation über die Technoszene in Berlin, sondern bekommt auch aufgrund der vielen anschaulichen Biografien eine Bedeutung als Wendeliteratur.
Felix Denk ist Redakteur des Berliner Stadtmagazins zitty und Journalist für Süddeutsche Zeitung, Tagesspiegel, De:Bug und Groove. Sven von Thülen ist freier Journalist, Partyveranstalter, Labelbetreiber, DJ und produziert House- und Technomusik.
Der Klang der Familie. Berlin, Techno und die Wende, Felix Denk und Sven von Thülen, 423 Seiten, Suhrkamp Verlag, Preis: 10,00 €
Lost and Sound. Berlin, Techno und der Easyjetset
Noch einmal Techno, noch einmal Berlin, noch einmal im Suhrkamp Verlag. Diesmal aber Techno im Berlin des Jahres 2009, für den Autor, Tobias Rapp, “ein neues Berlin”. Eine Parallelgesellschaft existiert in den Clubs, in die das eingeweihte Partyvolk, welches inzwischen auch aus dem Ausland einfliegt, an den Wochenenden abtaucht. “Wochenende”, das heißt in Berlin bekanntermaßen von Donnerstag bis Montag. Und somit hat der Autor, der an den Wochenenden arbeitet, eine 5-Tage Woche. Die Arbeit findet in den Clubs statt. Anhand eigener Beobachtung aus dem Nachtleben beschreibt er, an welchem Punkt der Berliner Technobetrieb und die Musikzene angelangt ist und was aus der Jugendkultur der 90er Jahre wurde. Als “intimer Kenner des Szene” liefert er ein Porträt von Berlin als exzessivem und musikalisch einflussreichem Techno-Kulturzentrum. Dazu streunt er von Club zu Club und beschreibt Gegend, Locations und Leute, legendäre Orte, die DJs, die Stimmung. Stets auf der Suche nach dem Rausch spielen auch Drogen immer wieder eine Rolle.
Tobias Rapp, geb. 1971, ist ehemaliger Musikredakteur der taz und heute Popredakteur des Spiegel.
Lost and Sound. Berlin, Techno und der Easyjetset, Tobias Rapp, 268 Seiten, Suhrkamp Verlag, Preis: 8,99 €
Elektroschock. Die Geschichte der elektronischen Tanzmusik
Der französische DJ und Musikproduzent Laurent Garnier liefert in diesem Buch mithilfe des Journalisten David Brun-Lambert seine persönlichen Memoiren zur Entstehung und Verbreitung der elektronischen Tanzmusik. Die Geschichte beginnt im Jahr 1987, im “Hacienda”, dem legendären Club in Manchester. Hier hört der 18jährige Garnier erstmals die Art von Musik, die sein Leben bestimmen wird. Der DJ spielt einen House-Track von Farley Jackmaster Funk, “Love can’t turn around”, und damit nimmt die Geschichte Garniers ihren Lauf. Kurz darauf wird Manchester von der Acid-House Bewegung erfasst, Garnier ist mittendrin.
Er erzählt vom schweren Start der Jugendbewegung und der Szene in England bis zum Durchbruch und der Kommerzialisierung mit den DJ-Superstars. Als legendärer DJ bewusstermaßen Teil des Hypes nimmt er dennoch Abstand davon und bleibt kritisch gegenüber kommerziell erfolgreicher Musik.
Im Verlauf des Buches geht Garnier immer wieder auf Schlüsselwerke der Musik und auf persönliche Ikonen ein. Auffällig ist die Gestaltung des Buchs: die typografischen Stilübungen, grafischen Experimente, Bilder, Playlisten, Zitate nehmen visuell Bezug zur kreativen Arbeit des DJ. Der Erzählstil von Garnier ist energiegeladen und euphorisch. Besonders dann, wenn er von seinen Helden schwärmt, den Begründern des Detroit Techno und speziell den Musikern von Underground Resistance.
Laurent Garnier ist DJ, Musiker, Produzent und Gründer des Labels “F Communications” und gelernter Koch. David Brun-Lambert arbeitete jahrelang für den französischen Sender Radio Nova und ist heute als Journalist und Produzent für Radio Suisse Romande sowie als Mitarbeiter verschiedener Zeitschriften tätig.
Schaut euch bei uns im Blog auch die ausführliche Rezension zu Elektroschock an.
Elektroschock. Die Geschichte der elektronischen Tanzmusik, Laurent Garnier und David Brun-Lambert, 296 Seiten, Hannibal Verlag, Preis: 24,90 €
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